Biwakfliegen vom 09./10. Oktober 2010

Phippu, Michu, Andreas und Jönu

Nachdem wir das Biwakfliegen um eine Woche verschieben mussten erwartet uns dieses Wochenende ein Altweibersommer vom Feinsten. Wir vier treffen uns im Zug von Bern nach Interlaken und fahren durchs dichte Nebelmeer an die Sonne im Lauterbrunnental. Bei der Talstation Stechelberg zeigt das Thermometer knapp 10 Grad, während das Videobild vom Schilthorn 2’100 Meter höher 6 Grad anzeigt. Wir stimmen uns mit einem Mürrener Morgenflug auf das Abenteuer am Nachmittag ein, danach geht’s hoch mit der Seilbahn via Birg auf’s Schilthorn, wo bereits Gleitschirme unter den schönen Kumulus drehen. Wir füllen im Restaurant noch mehrere Liter Wasser zum Kochen in PET-Flaschen ab und setzen unseren schon schweren Säcken noch eins oben drauf. Es werden verschiedene ausgetüftelte Pack-Techniken angewendet, die zwar alle noch in der Testphase sind, aber alle auf irgend eine Art fliegen (lassen).

Jönu lässt nichts anbrennen und steht als erster startbereit an den Leinen. Ein schöner Aufwind erleichtert uns das Starten, vorausgesetzt die Leinen spielen nicht Klettverschluss mit den vielen scharfen Steinen. Nach ein bis mehreren Anläufen sind wir alle in der Luft und geniessen das Thermiksoaren über dem James Bond-Hügel bei klarer Herbstluft und toller Aussicht  auf Eiger-Mönch-Jungfrau und Co. Unser Etappenziel Tanzbödeli liegt uns zu Füssen und wir kommen alle mit ausreichend Höhe über unserem Biwakplatz an. Ich entscheide mich zur Landung im oberen Teil der Busenalp, die mir aus der Luft wie eine Mondlandschaft vorkommt. Nur keines der vielen Löcher treffen und schön zwischen den Felsbrocken durch. Kurz darauf stehe ich in einer Mulde auf einer kleinen aber schönen Landewiese – die Höhenverhältnisse täuschen aus der Luft. Jönu steuert das Tanzböden an und landet top. Kurz darauf stehen auch Michu und Phippu oben, und ich habe noch eine Stunde Aufstieg vor mir. Dumm gelaufen für mich, aber die Stimmung auf der Busenalp in der Abendsonne ist wunderbar, und Michu funkt, dass er mir entgegenkommen wird. Vor dem steilen Endaufstieg kann ich ihm einiges an Ballast abgeben, so dass wir noch rechtzeitig vor Sonnenuntergang oben zum Apéro ankommen. Michu zaubert zu unserer Überraschung eine Weinflaschen aus seinem Gepäck hervor!  Zum Znacht gibt’s „Krawättli“-Teigwaren aus dem Pfadikessel mit Pestosauce und „Sackmesser-Reibkäse“ – zum Dessert noch Linzertorte. An den Westflanken der Jungfrau scheint immer noch die Abendsonne, während wir schon beinahe im Dunkeln sitzen und uns warm anziehen müssen. Durch einen glücklichen Zufall entdecken wir etwas abseits eine Hand voll Holz, die uns mit Unterstützung von Benzin und Kerzenwachs bis zum Schlafen gehen warm hält. Über uns hat sich inzwischen ein ungewohnt klares Sternenzelt aufgespannt, und der Tau legt sich langsam nieder.

Erwachen bei ersten Sonnenstrahlen auf den Gipfeln und Raureif am Boden. Stechelberg liegt unter uns in dichtem Nebel, der sich aber bald talaufwärts zurückzieht. Wir treten uns warm und essen im Stehen, damit die Zeit vergeht bis die Sonne kommt. Start um 10 Uhr Richtung Süden, ein Hauch von Aufwind setzt bereits ein. Wir gleiten ins Tal wo uns Kaffee und Kuchen bei Marlene’s Kiosk am Landeplatz erwartet. Da wir noch früh dran sind entscheiden wir uns wiederum für einen Mürrener Morgenflug. Phippu begibt sich danach auf seine Heimreise. Wir haben Glück, es sieht’s gut aus für einen zweiten Schilthornflug, und so fahren wir noch einmal hoch auf 3’000 Meter. Heute sind die Kumuli etwas kleiner und der Hochnebel dichter und vor allem höher. Unser Plan nach Keinmal zu fliegen müssen wir wegen dichtem Nebel bis in den Spiggengrund leider begraben. In der Höhe ziehen zudem Schleierwolken auf und so ist auch der Aufwind etwas schwächer als gestern. Auf einem verzögerten Abgleiterflug steuern wir Richtung Lauterbrunnen und tauchen durch die Inversion in die Kälte zurück. Zufrieden und müde marschieren wir zum Bahnhof, schnappen uns noch Bier und Chips und lassen uns in die Zugsessel fallen. Nun kann uns der Hochnebel nichts mehr antun, wir sind voll getankt mit Sonne, Wärme und Abenteuer und freuen uns auf die Fotos am Bildschirm.

Nochmals herzlichen Dank für Jönus Initiative, wir haben die zwei Tage in vollen Zügen genossen!

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